Sonntag, 8. August 2010

Wieder Russland...

Ich schreibe nur selten, der Grund ist klar: mein letzter freier Tag war am 4.Juli.
Das ist kein Witz! Und bis 15. August muss ich auch durchgehend noch arbeiten, ab 16. habe ich 2 Wochen Urlaub.
7-Tage-Arbeitswoche, 30, 40 Tage ohne Pause - das ist unsere Realität. So arbeiten in unserem Heim alle. Auch die Hilfskräfte, die erst jetzt endlich den Mindestlohn kriegen (auch kein großes Geld, muss ich sagen).
Vielleicht aber arbeiten wir weniger am Tag, als andere, die ganz normal ihre 5-Tage-Woche haben?
Aber eine Schicht dauert 7,5 Stunden. 0,5 Stunde davon ist angeblich Pause, aber bei solcher Belegung wie jetzt haben wir überhaupt nie Zeit um auszuruhen. Also 7,5 Stunden harter Arbeit. Ja, ETWAS weniger pro Tag als normale Arbeiter...
Ich will nicht jammern. Schließlich geht es mir besser als Arbeitslosen, ich habe die Wahl: ich kann mich immer kündigen oder kündigen lassen. Arbeitslose haben keine Wahl.
Also ich wollte Job haben, und ich habe es. Oder, eher gesagt, Job hat mich.
(Ach ja, ich will nicht wieder diese Selbstverständliche Sache wiederholen. Aber ich vergleiche ständig. Und ja, in SU wäre das unmöglich, das Recht auf freie Tage/Wochenende, Urlaub usw wurde immer gehalten! Außer vielleicht in Kriegsjahren)

Ich möchte aber wieder über Russland berichten. Schlimmste, was dort jetzt passiert, ist das Brandfeuer. Das sovjetische System vom Brandschutz wurde fast völlig zerstört, es gibt keine Hüter mehr, die den Brand früh merken sollten, keine Feuerwehrautos in Dörfern. Und es gibt Katastrophe. Die Leute berichten schreckliche Sachen, Dorfbewohner sind völlig schutzlos vor dem Feuer, die Ehrenamtlichen helfen Feuer zu löschen, haben aber nicht genug Mittel dazu. Es tut mir alles sehr weh, und ich weiß nicht, was man machen kann.

Inzwischen passieren auch die andere Sachen. Dm.Medvedev gab den Vorschlag, der bereits ernst genommen ist: die Milizija in Polizei umbenennen.
Milizija ist das Wort von SU-Zeiten und bedeutet so etwas wie "Volkspolizei".
Ich finde das ganz richtig. Denn heutige "Milizija" hat überhaupt nichts mehr mit sovjetischer gemeinsam.
Das ist wenig bekannt. Aber erst in 90-ger Jahren bekamen Milizionären die Gummistöcke - beim "schrecklichen Totalitarismus" gab es keine Gebrauch für solche Dinge. Milizionär wurde ein Bruder von Volk, der auf die Ordnung aufpasst, sein Leben in Kampf gegen Verbrecher riskiert und im Grunde genommen ein "Guter" ist (obwohl es natürlich auch mal zu Streitigkeiten kommt).
Heutige "Milizija" sind ganz normale Polizisten, nach westlichem Muster, die schlagen und töten ohne Grund; die Folter in "Milizija" ist schon lange eine ganz normale Sache, die allgemein bekannt ist. Ich würde sagen, deutsche Polizisten sind einfach Engel in Vergleich zu heutigen russischen.
Also "Polizei" ist ganz richtiges Wort dafür. Ich soll noch dazu sagen, dass das Wort "Polizei" (nicht in russischen "Polizija", sondern genau in deutscher Variante "Polizei") wird von Russen eindeutig feindlich eingeschätzt: wir alle erinnern uns sehr gut an den Krieg und an die "Polizei", die in Nazis-besetzte Gegenden existierte, und gegen die die Partisanen kämpften.
Also, gut gemacht, Herr Präsident! Weiter so.

Es gibt bereits ein paar Witze zu diesem Thema.
"Als Antwort auf die Idee von Dm.Medvedev schlagen wir vor, Medvedev in Putin umbenennen, und Putin in Medvedev. Immerhin wird das Kosten für nächste Präsidentenwahl deutlich reduzieren".

Und ziemlich scharf:
"Als Antwort auf den Vorschlag Medvedevs schlagen wir vor, Dmitry Medvedev in Nikolai Romanov umbenennen und ihm eine Reiseticket nach Ekaterinburg aushändigen"
(letzte russische Zar Nikolai Romanov wurde dort ermordet).