Dienstag, 20. Juli 2010

Würde des Menschen und bla-bla-bla....

In Altenpflege verlangt man von Personal, dass die Würde von alten, behinderten Menschen geachtet wird. Das ist auch ganz richtig. Und das tun wir meistens; ich z.B. liebe überhaupt diese Menschen und mir kommt überhaupt nicht in Kopf sie irgendwie schlecht zu behandeln, erniedriegen oder so etwas.

Aber - ob unsere eigene Würde dabei geachtet wird?
Nur ein Beispiel. Wir haben jetzt eine neue Heimleiterin. Übrigens hat sie kein abgeschlossenes Studium und darf so etwas nicht machen, aber sie wurde eingestellt (hmmm... komisch... ich habe auch nicht abgeschlossenes Studium, "nur" 8 Semester - was unterscheidet mich von dieser Dame? Schreckliche Gedanke - vielleicht, dass ich nicht Deutsche bin?!)
Sie schrieb für uns einen Vorschrift - im Grunde ganz einfach. Früher sollten wir den Müll von Wohnbereichen nur am Samstag beseitigen (weil Hausmeister nicht da ist), ab jetzt auch am Sonntagen. Klar, sachlich, nichts besonderes.
Was steht aber in Vorschrift am Ende? "Nächstes Mal wird der nicht beseigigte Müll am Montag direkt in Schwesternzimmer abgestellt, und dann, bin ich mir sicher, wird das sofort fachgerecht entfernt".

Also, wir haben noch keinen Fehler gemacht, das ist keine Schimpferei wegen unbeseitigten Müll. Das ist erstmal nur Anweisung, was wir zu tun haben. Und sie schreibt dort bereits solche Sachen. Sollen wir nicht nächstes Mal die Müllsäcke direkt vor ihrem Arbeitszimmer lagern? Damit sie persönlich diese Säcke "fachgerecht entfernt"?

So hämisch werden die Leute behandelt, die oft älter sind, als diese Dame, die Familienmütter, das betrifft auch das examiniertes Personal.

Aber das ist kein Zufall, und das ist auch keine Besonderheit von neuer Heimleiterin. So ist überhaupt in unserem Heim üblich. So sieht unser Alltag aus. Man spricht mit uns grundsätzlich so, ohne Respekt überhaupt. Und nicht-examiniertes Personal wird überhaupt wie Ungeziefer behandelt. Ich habe manchmal Gefühl, ich bin in Armee: Disziplin, Hierarchie, Ordnung, hartes Benehmen. Alle, die andere Wahl haben, laufen von unserem Heim davon.

Unsere Leitung macht auch rechtswidrige Sachen. Z.B. Pausen zwischen Schichten nur 9 Stunden. Arbeit während 18,20,25 Tage ohne einzigen freien Tag. Das muss geändert werden, und das schaffen wir vielleicht noch zu ändern (gut, wenn keiner dabei Arbeitsplatz verliert - aber im Grunde ist mir das schon egal, ich kann nicht mehr so etwas aushalten).
Aber wie man der Heimleitung beibringen kann, die Unterstehende als Menschen zu betrachten und zu respektieren, das weiß ich, ehrlich gesagt, nicht.

Donnerstag, 8. Juli 2010

Russland

Ich denke, wäre richtig, öfters über die Lage in Russland hier zu berichten. Leider habe ich sehr wenig Zeit. Aber viel Informationen, von Freunden, Verwandten und russischen Linken und Kommunisten, aus Runet überhaupt.
Also ich denke, ab und zu sollte ich auch russisch-deutsche Übersetzungen machen (umgekehrt mache ich das ständig). Wie in Russland Berichte aus Deutschland sehr unvollständig und sehr ungenau sind, so auch haben die Deutschen, auch die Linken, nicht so viel Ahnung davon, was in Russland passiert. So denken viele, z.B., dass Russland immer noch etwas von Sozialismus behalten hat. Ja, es gibt sogar (wie mein linker Freund vor kurzem gesagt hat)die Bürgermeister aus KPRF...

Dabei ist die heutige Zustand von Russland furchterregend. Von Polizeiterror muss ich später extra schreiben: dazu gehören, z.B. schon mehrere Fälle, wo die Jugendämter die kleine Kinder von politischen Aktivisten buchstäblich entführen und in die Kinderheime stecken.
Russischer Kapitalismus ist wild. Anzahl an Milliardären ist fast höchste in der Welt, 2.Platz in der Welt mit 76 Dollar-Milliardären. In Moscau kann sich selbst "Mittelschicht" mehr leisten, als entsprechende Schicht in BRD. Was passiert dabei in kleinen Städtchen und Dörfern, die aussterben?

Hier übersetze ich nur einen Brief aus vielen, die in verschiedene Hilfsfonden kommen...
Das schreibt die Mutter von 4 Kindern. Sie bekommt ab und zu jetzt etwas Kleidung und Lebensmittel von orthodoxen Hilfsfond.

http://www.rusbereza.ru/engine/family.php?id=426

"Ich konnte nicht früher schreiben, weil ich kein Geld für Briefumschlag finden konnte. Jetzt haben wir etwas Fisch gefangen, verkauft und Briefumschläge gekauft. Wir dachten, unseres Leben wird besser, es wird aber schlimmer und schlimmer. Helfen sie uns, hören sie auf unser Schreien! Wir haben sogar keine Kartoffeln. Wir müssen wahrscheinlich die Kuh verkaufen, es gibt keinen Ausweg... Wir brauchen Lebensmittel, Kleidung, Waschmittel, Seife, Zahnpaste, Schampoo, Bettwäsche, Schulsachen, Socken und vieles anderes. Ich verstehe, es gibt viele solche Leute wie wir. Aber wir haben keine Hoffnung sonst. Helfen sie uns, ich bitte sie. Wir hocken nicht einfach zu Hause, wir suchen ganzen Tag die Arbeit, nach Hause kommen wir bereits müde, kaufen etwas zu essen für das Kleingeld, die wir gelegentlich verdienen, und nächsten Tag haben wir wieder nichts zu essen. Wir brauchen Hilfe, egal, welche..."

Es gibt viele solche Briefe...