Sonntag, 8. Februar 2009

Etwas von Lebenswahrheit

Ich war lange nicht hier im Blog, denn diese Woche fing meine Fortbildung an, ich hatte wenig Zeit.

Ich überlege, ob ich von meinem Privatleben hier etwas verraten darf. In russischem Blog mache ich das nur sehr, sehr sparsam, denn das heißt - einem die Waffe gegen mich in die Hand geben. Nur gestern habe ich leicht erwähnt, dass mein Kind Asperger-Syndrom hat, und sofort kam einer mit lieben Worten: "Bestimmt hat er das von Ihnen geerbt, das sieht man doch".

Und ich habe kein erfolgreiches Leben, auf die man stolz sein kann. Ich gehöre zu die Leute, die immer "so ungefähr" an Einkommensgrenze leben, die nicht mehr oder nur etwas mehr, als hartz-4 ist.
Ich habe zwar jetzt ein Job, aber es bleibt immer ungefähr so. Und ich habe dann Angst, einer könnte auch sagen "dann nur weg von hier, du bist auch keine deutsche, wieso muss es dir gut gehen". Aber genauso wie ich leben auch viele deutsche, also sehe ich kein Unterschied. Ich persönlich nehme keine deutsche Bürgerschaft, obwohl ich das darf, und ich würde schon von heute bis morgen auf den Bahnhof gehen und nach Hause fahren, wenn das nur um mich und nicht um die Kinder(besonders Asperger-Sohn) und Erlaubnis von ihrem Vater ging.

Von anderer Seite finde ich ganz wichtig, dass die Leute, denen es besser geht, erfahren, wie das Leben manchmal ist. Wir wissen viele Sachen über die Anderen nicht. Ich selbst weiß auch nicht viel. Z.B. von Obdachlosen - ich dachte, man kann doch in Deutschland immer eine soziale Wohnung oder so haben. Aber ich las eine Obdachlosen-Zeitung, da stand, viele von diesen Menschen wollen normal leben, können aber nicht. Wieso, weiß ich nicht. Aber gibt es bestimmt Gründe, die ich einfach nicht kenne.

Und ich komme zurück zu mir.
Ich habe einen Freund, der ist deutsch und in Wohlstand (na ja, in Vergleich), es sagte mir vor kurzem: "Aber in Bereich Altenpflege gibt es doch immer Arbeitsplätze".
Das meinen viele.
Ja, ich kann gut glauben, das in anderen Bereichen die Lage mit Arbeitsplätzen noch schlimmer ist.
Ich kann aber behaupten, dass in diesem Bereich es ungefähr so ist:
Das ist eine Episode von meiner Arbeitsuche (das was vor einem Jahr). Ein Dienst für Häusliche Pflege sucht Pflegehelferinnen. Grundpflege, Haushalt bei Senioren, Betreuung. Bewerbung. Vorstellungsgespräch. Man erklärt: "Wir nehmen Sie zuerst für 3 Monate Probezeit OHNE BEZAHLUNG". Ich bekam damals Hartz-4. "Nach 3 Monate stellen wir Sie ein, wenn Sie uns passen. Aber natürlich können sie nur mit 400-Euro-Job rechnen. Vielleicht eine halbe Stelle, die gibt es aber sehr selten".
Also 3 Monate kostenlos (für Hartz-4 leben, Job-Center ist einverstanden, das ist doch die "Chance"!) , dann 400-Euro-Job. Ich habe keinen Wahl, ich will trotzdem. Besser als nichts.
In einer Woche kommt Ablehnung. Ich hatte danach zufällig noch Gespräch mit Chef von diesem Dienst, und er sagte mir privat: "Sie haben uns ganz gut gefallen, sie haben Erfahrung in der Sache, schließlich, haben sie früher sogar Medizin studiert, und überhaupt fanden wir sie gut... Aber da kamen mehr als 10 Leute. Und manche hatten abgescholssene Helferin-Prüfung, 2-Jährige "Sozial-Helferin" Kurs oder so... Sie haben das leider nicht, also...".
Na ja, es ist schon klar.
Aber aufpassen:
- 3 Monate KOSTENLOS arbeiten, dann 400-Euro Job, nur wenn Chefs dich behalten wollen.
- Mehr als 10 Bewerberinnen für einen Platz.

Das ist die Lage hier in Sauerland mit Arbeitsplätze in Altenpflege.
Solchen Geschichten habe ich noch viele.
Vielleicht betrifft das nur "Versager" wie mich die aus verschiedenen Gründen keine Ausbildung haben?
Bitte schön, eine examinierte Schwester bei uns in Altenheim, die hat nur Arbeitsplatz gefunden, bis den sie 1,5 Stunden mit Zug und Bus fahren sollte, und nur halbe Stelle.
Andere meine Bekannte nach abgeschlossener Altenpflegeausbildung (3jährig) kam in private Pflegedienst. Nach erstem Lohn heulte sie: das war 600 Euro netto! Ausbildungsvergütung in 3.Jahr war etwas größer als diese Lohn. Dabei hat sie wirklich viel Mühe gegeben, diese 3 Jahre zu schaffen. Die Arbeitstelle war 75%, vollzeit gab es nicht.
Natürlich, manche haben auch Glück und sind zufrieden, es ist auch klar.

Ich kann wirklich nicht hören, wenn jemand sagt "In Altenpflege braucht man doch immer Leute".
Ja, schon, die werden gebraucht, aber am besten kostenlos.

Ich habe jetzt Job bei Lebenshilfe (ich muss dorthin auch übrigens 1 Stunde hinfahren). Und was ist das? Offiziell nennt man das "Ehrenamtliche Mitarbeit". Mit alle Steuer- und Sozialversicherungsfolgen. Ganz bequem für Lebenshilfe natürlich!
Aber ich bin sehr zufrieden. Solche Kleinigkeiten muss ich doch nicht beklagen, ich bin wirklich glücklich mit dieser Arbeit. Meine Freunden Kommunisten in Russland unterstützen die Streiks, ich frage mich, ob ich mal so was machen könnte... meine Arbeit ist so ein Glück für mich... Ne, ich bin wirklich sehr bequemer Mensch für die Arbeitgeber, ich bin für alles bereit. Und solche Leute wie mich gibt es viele. Meisten. Arbeitslosigkeit ist wie ein echter Aufseher mit Peitsche. Das tut schrecklich weh.

Ich wünsche mir sehr, sehr "Erwerbsloseinitiative" zu finden und dort etwas zu machen, denn das alles ist fürchterlich. Mein Leben ist noch gut, es gibt schlimmeres. Besonders wenn man genau weiß: es gab schon früher das Land, wo so etwas nie passieren konnte.

2 Kommentare:

  1. Es hat mich sehr berührt, auf diese Weise mehr von Dir zu erfahren. Mir geht es ökonomisch gut, ich bin eine der Glücklichen, die einen gut bezahlten Vollzeitjob hat. Das war nicht immer so, es gab auch Zeiten, an denen ich morgens nicht wußte, was ich den Kindern abends zu essen gebe. Auch zu dieser Zeit hatte ich eine Vollzeitarbeit, allerdings bei einer Zeitarbeitsfirma, von daher kann ich schon einiges nachfühlen.
    Heute macht mir mehr der Verlust des Heimatgefühls zu schaffen und damit meine ich nicht meine Heimatstadt Berlin, sondern die Gesellschaft, die bei weitem nicht perfekt war, die aber nicht nur nahm, sondern auch gab.

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  2. Wie ich in späteren Post schrieb, es ist nicht so, dass ich persönlich klagen will... Es geht nicht nur um mich. Und ich selbst habe schon was schlimmeres erlebt, in 90-ger Jahre in Russland, bei Stürz von SU. Also finde ich nicht, das es so schlimm materiell ist jetzt, und ich verdiene doch, so und auch in Russland verdiene ich was ab und zu, ich schreibe doch.

    Ich will nur sagen, dass es bei vielen Leuten so ist, und das in Bereich Altenpflege auch ein sehr großer Druck von Arbeitslosigkeit ist. Und auch wenn Staat versucht etwas dagegen zu machen, klappt das nicht, weil die ganze System das nicht erlaubt.

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