Dienstag, 2. März 2010

Ein paar Gedanken zu Thema Sport

Russland ist traurig: so schlimm wie in diese Olympiade war für uns noch nie. 11 Platz allgemein; nur 3 "Gold", in Vergleich zu frühere Zeiten ist das eine Katastrophe.
Wenn wir nur Winterspiele nehmen, war das so:
1992 2 Platz, 23 Medaillen, 9 Gold
1996 1 Platz, 23 Medaillen, 11 Gold
1998 3 Platz, 18-9
2002 5 Platz, 13-5
2006 4 Platz 22-8
2010 11 Platz 15-3

UdSSR hat ständig 1-3 Platz erhalten. Unsere Eishockey-Mannschaft und Eiskunstläufer sind schon seit ungefähr 50 Jahren ständig die Gewinner. Und jetzt ist die Ende von dieser Tradition, wahrscheinlich, endgültige Ende.

Alle sind einig: diese Niederlage ist keinesfalls zufällig, weiter wird nicht besser, und die Ursache ist ganz klar. Komischerweise solidarisieren sich Kommunisten, Liberale, Patrioten, Nationalisten, Rote, Weiße und Orange, denn das ist einfach die Wahrheit die sich nicht verleugnen lässt:
Die Erbe von UdSSR ist schon fast verbraucht. Wir haben nichts mehr (Publizist K.Krylov - normalerweise antikommunistisch).
Das passiert in allen Lebensgebieten: alles in Russland geht zugrunde. Werke, Waffen, Schulsystem, Hochschule, Medizin... Jeder Fachmann kann eigene Geschichte von heutigem Zerfall erzählen, auch wenn er selbst UdSSR hasst.
Nur in Sport ist das besonders überschaubar. Das sieht einfach jeder: Zahl von Medaillen, Platz, konkrete Ergebnisse.
Einziges Gebiet, wo Russland besser als UdSSR ist: Gewinnung von Öl.

Olympische Spiele kann nur das Land gewinnen, wo auch die Massen, besonders Kinder, breite Möglichkeiten haben, Sport zu treiben.
Garry Kasparov, Weltmeister in Schach, heute liberale Opposition:
"Warum hatte UdSSR viele Schachweltmeister, und USA hatten nur einen Fischer? Weil wir konnten aus 3-4 Millionen Spieler auswählen, und USA nur aus 50 Tausende, buchstäblich nur New-York und Chikago".

Was mich betrifft, war ich total unsportlich als Kind: ständig krank, mit bronchiale Asthma, nicht besonders geschickt in Bewegungen. Dennoch mit 12 Jahren habe ich auch angefangen, Sport zu treiben, und das klingt jetzt in kapitalistischem Land fast unglaublich. Denn:

- Wir hatten nicht 1, sondern 4 Trainingseinheiten in der Woche. Dazu noch oft am Sonntag Ausflug zu verschiedene Landschaften, was bei diesem Sportart nötig ist.
- Sportart heißt Orientierungslauf. Kompaß, Sportkarten und im Winter eigene Ski mit Zubehör - das alles hat jeder von uns kostenlos bekommen.
- Jedes Jahr fuhren wir zu Sportlager. Im Winter 2 Wochen (Winterferien), im Sommer 4 Wochen in "normalem" Pionierlager (also normale bequeme Häuser) und noch 2 Wochen Zeltlager im Wald.

Und DAS ALLES - Trainer, Zubehör, Unterricht, Ausflüge, Lager - war für unsere Eltern VÖLLIG kostenlos!!!
Selbst den Weg ins Lager sollten sie nicht bezahlen. Nicht die Verpflegung (sehr gute übrigens), nicht die Gebühren oder noch so etwas. Na ja, für meine Freundin, die wirklich Erfolg hatte, haben ihre Eltern die bessere Sportski selbst bezahlt. Aber das war ihr Wunsch, war auch nicht unbedingt nötig.
Diese Erinnerungen aus Sportlager, mit Freunde, mit viel Sport, Wald, See, Freizeit, Ausflüge, Spiele, Lieder mit Gitarre - das sind die beste Erinnerungen meines Lebens.

Noch einmal: ich hatte keine Perspektive, ich war unsportliches, krankes Kind, ich habe nie einen Sieg oder Titel erreicht, und es war auch klar, dass ich das nicht schaffe. Und dennoch haben meine Eltern das alles für mich völlig kostenlos bekommen.
Natürlich tat das meiner Gesundheit sehr gut. Ich habe gelernt, 10- und 15 km lang zu laufen, meine ständige Erkältungen hatte ich nicht mehr, meine Asthma wurde viel leichter. Ich wurde, und bleibe auch jetzt ein gesunder Mensch, der auch weiß, was Selbstüberwindung und Wille heißt.
Und das war keinesfalls einzigartige Geschichte: viele haben ähnliches erlebt.
Es wundert mich nicht, das dieses Land auch gute Erfolge in Olympischen Spielen erzielt hat.

Es tut mir nur sehr leid um meine eigene Kinder: sie haben diese Möglichkeiten nicht mehr, obwohl wir eigentlich nicht in heutiger Russland, sondern in reicher Deutschland gelandet sind. Und es tut mir auch leid um meine Heimat. Nicht weil ich mich für Sport interessiere - das überhaupt nicht. Sondern nur weil das noch ein Zeichen von Zerfall ist, Zeichen von Ende.

2 Kommentare:

  1. Liebe „Blaue Kraehe“,
    folgende Zeilen werden Dich sicher nicht trösten.
    Ich glaube aber man sollte sie lesen.


    Erinnern wir uns an die Prognose, die die Bolschewiki nicht nur am Vorabend der Oktoberrevolution, sondern schon einige Jahre vorher aufstellten. Die besondere Kräftegruppierung im nationalen und internationalen Maßstab führt dazu, daß das Proletariat in einem so rückständigen Land wie Rußland zuerst an die Macht gelangen kann.
    Doch eben diese Kräftegruppierung läßt auch im voraus erkennen, daß ohne einen mehr oder weniger baldigen Sieg des Proletariats in den fortgeschrittenen Ländern ein Arbeiterstaat in Rußland nicht standhalten wird. Das auf sich angewiesene Sowjetregime wird zerfallen oder entarten, genauer: zuerst entarten, und dann zerfallen.
    ----------------------------------------
    Lenin insbesondere hat oft darauf hingewiesen, daß die Bürokratisierung des Sowjetregimes keine technische oder organisatorische Frage ist, sondern der mögliche Beginn einer sozialen Entartung des Arbeiterstaates.
    Ohne Revolution im Westen wird der Bolschewismus liquidiert werden, entweder von der inneren Konterrevolution oder durch Intervention von außen, oder durch beides zusammen.
    --------------------------------------
    Auszüge aus: LeoTrotzki „Bolschewismus und Stalinismus – Die Grundprognose des Bolschewismus“

    geschrieben 28. August 1937.
    http://www.marxists.org/deutsch/archiv/trotzki/1937/08/bolstal.htm
    -----------------------------------------------------------
    ------------------------------------------------------------
    Der „isolierte sozialistische Staat“ ist aus einer historischen Hypothese längst Tatsache geworden, freilich nicht in Deutschland, sondern In Russland. Aber die Tatsache der Isolierung ist ja gerade ein Ausdruck für die relative Stärke des Weltkapitalismus und die relative Schwäche des Sozialismus. Vom isolierten „sozialistischen“ Staat bis zur sozialistischen Gesellschaft, die für immer mit dem Staat Schluss gemacht haben wird, ist ein langer historischer Weg, der eben mit dem der internationalen Revolution zusammenfällt.
    -------------------------------------
    „Ein Zusammenbruch des Sowjetregimes würde unweigerlich einen Zusammenbruch der Planwirtschaft und damit die Abschaffung des staatlichen Eigentums nach sich ziehen. Die Zwangsbindung der Trusts untereinander und zwischen den Fabriken eines Trusts würde sich lockern. Die erfolgreichsten Unternehmungen würden sich beeilen, selbständige Wege zu gehen. Sie könnten sich in Aktiengesellschaften umwandeln oder eine andere transitorische Eigentumsform finden, etwa mit Gewinnbeteiligung der Arbeiter, Gleichzeitig und noch leichter würden die Kolchosen zerfallen. Der Sturz der heutigen bürokratischen Diktatur, wenn keine neue sozialistische Macht sie ersetzt, wäre also gleichbedeutend mit einer Rückkehr zu kapitalistischen Verhältnissen bei katastrophalem Rückgang von Wirtschaft und Kultur.“
    Auszüge aus - Leo Trotzki „ Die verratene Revolution „ (1936)

    http://www.marxists.org/deutsch/archiv/trotzki/1936/verrev/index.htm
    Hier noch ein schreckliches Video
    http://www.youtube.com/watch?v=eVjYO9FKL7o


    "Ohne Revolution im Westen wird der Bolschewismus liquidiert werden ……………..
    Wir müssen eben noch mal von vorne anfangen.
    Viele Grüße Frank aus Storkow

    AntwortenLöschen
  2. Danke, Frank! Manchmal ist Trotzky natürlich sehr lesenswert. Man kann darüber streiten, ob UdSSR nur eine bürokratische Diktatur war, ein staatskapitalistisches System oder doch eine Variante von echter Sozialismus als Übergangsphase zu bessere Gesellschaft. Wir haben ja gelernt, dass erste Phase von Sozialismus "Diktatur von Proletariat" heißt und nur langsam und später wird die Staat und ihre Macht verschwinden. Und das ist auch Wahrheit, dass spätere UdSSR hat einfach aufgehört sich in die kommunistische Richtung zu bewegen.

    Aber wahrscheinlich hatte Trotzky wirklich Recht mit Gedanke, dass ohne Revolution im Westen wird auch sovjetisches System entarten und zerfallen. Das ist auch passiert.
    Was uns trösten kann, dass Sieg von Sozialismus auf jedem Fall so oder so unvermeidlich ist.

    AntwortenLöschen